Neues von der TTIP-Front: Wohin neigt sich die Verhandlungswaage?

Auf Einladung des Gesprächskreises Außenpolitik der Hermann Ehlers Akademie sowie des Kreisverbandes Kiel e.V. der Europa-Union Deutschland hat Professor Dr. Rolf Langhammer am 9. Juni 2015 einen interessanten und besonders detailreichen Vortrag über den derzeitigen Verhandlungsstand des Handels- und Investitionsabkommen der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika gehalten.

Die Veranstaltung fand in den Räumen der HEA in Kiel statt. Bild: Ingo Sohn.

Das hoch aktuelle Thema mit Blick auf Wohlstandsgewinne oder auch Sozialverluste wurde anmoderiert vom Leiter des Gesprächskreises Rainer Wiechert. Die sehr gut besuchte  Veranstaltung fand in der herrlichen Villa 78 im Niemannsweg in Kiel statt.

Der Entwicklungsökonom Rolf Langhammer führte aus, dass die Verhandlungen zur Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) besonders in Deutschland und Österreich von Protesten begleitet werden. Langhammer ist ein spezieller Kenner der Welthandelsorganisation WTO, die sich mit Handels- und Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt.

Nach öffentlichem Druck werden die Bereiche TISA und ISDS derzeit nicht weiterverhandelt.  TISA (Trade in Services Agreement) ist das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. ISDS (Investor-state dispute settlement) Investor – Staat – Streit-Beilegungsverfahren ist ein Instrument internationalen Rechts, dass ausländischen Investoren ein Streit-Beilegungsverfahren erlaubt.  Ebenso ist das geplante Europäische-Kanadische Handelsabkommen Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) nach öffentlichen Widerständen in der Warteschleife.

Die USA forcieren TPP Trans-Pacific Partnership. Es wird seit Jahren mit zwölf Ländern in Lateinamerika und Asien verhandelt; dazu gehören Mexiko, Australien, Japan und Singapur – aber nicht China. Laut einer Statistik umfassen diese Länder weltweit 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Die USA könnten TPP zum Goldstandard erheben, einem Verfahren für allgemein anerkanntes Handeln. Daher befürchten EU-Handelspolitiker  darin eine starke Konkurrenz zu TTIP, weil sich die Welt zum aufstrebenden Asien-Pazifik-Wirtschaftsblock drehen würde.
     
Der Moderator Wilfried Saust, Kreisvorsitzender der Europa-Union, stand einem diskussionsfreudigen Auditorium vor. Eine Kernfragen an Professor Langhammer  war, wann TTIP in Kraft treten könnte. Festzustellen ist, dass TPP seit sieben und TTIP seit zwei Jahren verhandelt wird und von allen 28 EU Mitgliedsstaaten genehmigt werden müsste und das könnte noch Jahre dauern.

Gegenseitiger Marktzugang nach eigenen Standards wollen die Staaten der EU ebenso wie die USA. Skepsis und Widerstand regt sich auf beiden Seiten des Atlantiks, auch weil die Verhandlungsführer im Dunkeln arbeiten. Es geht um Einfluss und Profite – es gilt folgenschwere Vertragsklauseln auszubalancieren.

Wohin neigt sich die Verhandlungswaage? Einerseits könnte ein „TTIP light“,  eine Marktöffnung ohne strittige Themen, die Verhandlungen auf eine neue Basis stellen - andererseits könnten von einem „TTIP light“ nicht die erhofften Wachstumsimpulse ausgehen.

von Ingo Sohn