Botschaftergespräch Slowakei führt zu spannender Diskussion über Europäische Flüchtlingspolitik

Der Gesandte der Slowakischen Republik, Matúš Bušovský, und der Migrationswissenschaftler Dr. Marcus Engler diskutierten am 13. Oktober 2016 mit dem Publikum im Landeshaus.

Foto: EUSH

Am 1. Juli 2016 übernahm die Slowakische Republik zum ersten Mal seit dem EU-Beitritt des Landes den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Dies fällt in eine Zeit, in der Europa vor großen Herausforderungen steht. Die Slowakei hat sich deswegen für ihre sechsmonatige Ratspräsidentschaft unter anderem das Thema Migration auf die Fahne geschrieben. Das traditionelle Botschaftergespräch am 13. Oktober 2016 im Landeshaus in Kiel fand vor diesem Hintergrund unter der Frage „Zwischen Balkanroute, Mittelmeer und Dublin-Verordnung – was wird aus der gemeinsames Europäischen Flüchtlingspolitik?“ statt.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Peter Lehnert, betonte in seiner Begrüßungsrede, dass die Slowakei als einer der Visegrád-Staaten mit ihrer Ratspräsidentschaft eine besondere Rolle einnehme. Er hob hervor, dass die EU-Mitgliedstaaten die Fragen von Migration und Flüchtlingen nicht alleine lösen könnten und wünschte eine angeregte Diskussion.

Auch der Gesandte der Slowakischen Republik, Matúš Bušovský, stimmte zu, dass die Ratspräsidentschaft in eine schwierige Zeit falle. Der Gipfel in Bratislava im September 2016 auf Initiative der Slowakei habe aber gezeigt, dass die EU eine „nachhaltige Migrationspolitik“ fördern wolle. Der dort erstellte Fahrplan sei – für die EU ungewöhnlich – in einer klaren, deutlichen Sprache verfasst. Herr Bušovský verwies abschließend darauf, dass auch sie Slowakei an einer fairen Lastenteilung interessiert sei.



Der Migrationswissenschaftler Dr. Marcus Engler, der als Co-Referent geladen war, gab dem Publikum einen Einblick in die Herausforderungen der europäischen Flüchtlingspolitik. Das Flüchtlingsproblem sei in Europa ein Wahrnehmungsproblem und kein materielles Problem, so Engler. Hier stellte er den Vergleich zum Libanon, dessen Bevölkerungszahl von 4 Mio derzeit etwa 1 Mio Flüchtlinge ausmache. Die Welt brauche aber auch ein starkes und einiges Europa. Es sei in den letzten Jahren versäumt worden, die Situation in den Krisenregionen zu verbessern. Gleichzeitig sei man sich einig, dass das Dublin System dysfunktional ist. Die Mitgliedstaaten der EU täten sich aufgrund unterschiedlicher historischer Erfahrungen und Betroffenheit mit dem Thema allerdings schwer, eine bessere Lösung zu finden. Konkrete Schritte würden lediglich als Folge von Tragödien unternommen. Die im Herbst 2015 beschlossenen Umverteilungsmaßnahmen hätten zu einem politischen Eklat geführt, weil erstmals im Rat der EU mit einer qualifizierten Mehrheit statt Konsens entschieden wurde. An diesem Beispiel zeige sich die Schwierigkeit, mögliche Lösungsansätze praktisch umzusetzen. Als Grundproblem machte Engler die fehlenden legalen Migrationsmöglichkeiten nach Europa aus.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum unter Moderation des Präsidenten der Europäischen Bewegung Schleswig-Holstein, Ernst Johansson, erläuterten die Referenten ihre Standpunkte und weitere wissenschaftliche Erkenntnisse. Es entstand eine rege Diskussion zu drängenden europapolitischen Fragen in der Flüchtlingspolitik.



Text: Lisa Kühn