Die Wirtschaft im Land zwischen den Meeren sei durch einen hohen Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) geprägt. Die ohnehin geringe Abhängigkeit des Mittelstands von Exporten sei in den Jahren seit 2009 weiter gesunken.
Die gute Kreditlage in der Bundesrepublik trage zu einer optimistischen Grundhaltung bei. Insgesamt sei die schleswig-holsteinische Wirtschaft gut für mögliche künftige Risiken aufgestellt.
Weniger positiv beurteilte Prof. Dennis J. Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, die zur Rettung der gemeinsamen Währung ergriffenen Maßnahmen. "Wir haben uns bisher nur Zeit erkauft. Auf Dauer wird das aber nichts nutzen." Der Wirtschaftswissenschaftler kritisierte vor allem die lockere Geldpolitik der EZB und prophezeite: "Das wird zum ganz großen Crash führen." Statt für neue Rettungsschirme plädierte Snower für die Einführung einer gemeinsamen "Fiskalregel" in die nationalen Verfassungen. Anders als die aktuelle Schuldenbremse solle diese sich an den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren und staatliche Investitionen in Rezessionszeiten zulassen und im Gegenzug Sparmaßnahmen in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums vorsehen. Zusammen mit europäischen Aufbauprogrammen für Krisenländer und einer besseren Anreizpolitik für Banken könne dieser Weg Europa langfristig aus der Krise führen, zeigte sich der Experte überzeugt.
Die über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwiesen sich als gut informiert und diskutierten im Anschluss an die Vorträge engagiert mit den Referenten. Vor allem die Forderung nach einem demokratischeren Europa und mehr europäischer Zusammenarbeit und Solidarität, auch durch die Strukturfonds, wurde erhoben. Die Forderung Professor Snowers nach einer Fiskalregel stieß auf einhellige Zustimmung. Skeptisch zeigten sich die Zuhörer allerdings bezüglich der politischen Durchsetzbarkeit einer Maßnahme, die erst in 15 bis 20 Jahren Erfolge zeigen würde.
Dazu müsse die Politik ihren Bürgern die ergriffenen Maßnahmen glaubwürdig erklären, forderte Uwe Döring, Landesvorsitzender der Europa-Union: "Bislang ist von den Rettungsschirmen bei den Menschen in Griechenland und Spanien nichts angekommen – außer immer neuen Sparmaßnahmen und negativem Wirtschaftswachstum". Der ehemalige Europaminister kritisierte: "wir haben zur Zeit ein 'Europa der Führenden und der Geführten' – das kann auf Dauer nicht gut gehen". Jeder neue Kompetenztransfer nach Brüssel müsse mit einer Demokratisierung Europas einhergehen. Dann könne sich die Krise für Europa sogar als Chance erweisen, schloss Döring optimistisch mit einem Zitat von Jean Monnet: "Europa wird in den Krisen gemacht – und es wird die Summe der Lösungen dieser Krisen sein."