Christian Moos beantwortete diese Frage bereits am ersten Abend des diesjährigen Verbandsseminars in Sankelmark: Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten existiert. Mit der Möglichkeit der "Verstärkten Zusammenarbeit" habe es sogar Einzug in den Vertrag von Lissabon gefunden. Die Krise zwinge die europäischen Staaten nun zur engeren Zusammenarbeit, ein Vorangehen einzelner Staaten auch gegen den Willen anderer sei in dieser Situation nicht schädlich sondern gut für Europa. Wenn die vorangehenden Mitgliedsstaaten zur "geschlossenen Gesellschaft" würden, erzeuge das allerdings "Sollbruchstellen der europäischen Integration", warnte Moos.
Janusz Tycner, der als polnischer Journalist lange Jahre für die Zeit geschrieben hat, kritisierte hingegen das "Schönwetter-Europa". Wer die europäischen Institutionen nicht auch in Krisenzeiten ernst nehme, verwandle die EU in ein "Europa der Führenden und Geführten". Man dürfe die europäische Vielfalt und die Demokratie nicht auf dem Altar des erfolgreichen Krisenmanagements opfern. Auch im vermeintlich pro-europäischen Deutschland stünden die Bürger einem weiteren Kompetenztransfer nach Brüssel skeptisch gegenüber. Im Zweifelsfall sei es daher besser, die europäische Integration behutsam voranzutreiben, als in Aktionismus zu verfallen. Wenn es nicht anders ginge, solle man die Krise zunächst außerhalb der europäischen Verträge mit zwischenstaatlichen Abkommen bekämpfen. Das sei ehrlicher, als die europäischen Institutionen als Fassade zu benutzen.
Christian Moos sprach sich als neuer Generalsekretär der Europa-Union Deutschland gegen eine dauerhafte Lösung der Krise neben den europäischen Verträgen aus. Zwischenstaatliche Verträge könnten nur funktionieren, wenn sich die Staaten auf Augenhöhe begegnen. Eben das sei aber in der Griechenlandkrise nicht mehr der Fall.