Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia segnete die so genannten „Industrierabatte“ für Abgaben auf Ökostrom in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten ab. In Brüssel stellte der Kommissar die neuen Leitlinien für Subventionen im Energie- und Umweltsektor vor. Damit eröffne die Kommission die Möglichkeit, "für eine begrenzte Zahl energieintensiver Wirtschaftszweige" die Lasten aus der Förderung von Ökostrom zu verringern, so Almunia.
Die neuen Leitlinien der EU sind in Deutschland und damit auch in Schleswig-Holstein nach dem EEG schon längere Zeit Realität. Fortan sollen die Befreiungen sich allerdings nach der Branchenzugehörigkeit der Unternehmen richten: die Kommission ließ durchblicken, dass es sich dabei vor allem um die Chemieindustrie sowie um Papier-, Metall-, Kalk-, Gips-, Glas- und Keramikhersteller handeln solle.
Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte zuvor bereits eine Einigung mit der EU-Kommission bekannt gegeben. Die Gesamtentlastung der deutschen Industrie von derzeit rund fünf Milliarden Euro im Jahr soll in etwa bestehen bleiben. Knapp 400 Unternehmen dürfen allerdings keine Rabatte mehr erwarten. Einige Unternehmen müssten nun unerlaubte Beihilfen eventuell sogar zurückzahlen, da alle Industrierabatte rückwirkend für drei Jahre geprüft werden.
Bezahlbare Energie für alle?
„Europa sollte seine ehrgeizigen Energie- und Klimaziele zu möglichst geringen Kosten für die Steuerzahler und ohne übermäßige Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt erreichen“, so Almunia. „Es ist an der Zeit, dass erneuerbare Energien am Marktgeschehen teilnehmen“. Die neuen Regelungen würden „dazu beitragen, dass Energie für die europäischen Bürger und Unternehmen bezahlbarer wird“.
In Industriekreisen wird die Entwicklung grundsätzlich positiv bewertet: Sie „sichern die Chance, industrielle Arbeitsplätze dauerhaft zu bewahren“, sagte beispielsweise der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Die Planungs- und Investitionssicherheit in der deutschen Wirtschaft würde weiter gestärkt.
„Eine Chance für Norddeutschland“
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) kritisierten die Vorschläge dagegen. Sie wollen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Insbesondere die Bevorteilung der Industrie gegenüber Umweltinteressen wird sehr kritisch gesehen: „Die EU-Kommission torpediert mit dem neuen Beihilferecht den Ausbau erneuerbarer Energien, die Energiewende und mehr Klimaschutz in Deutschland und Europa“, stimmte auch Daniela Setton vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu.
Und genau da kommt das Erneuerbare-Energien-Land Schleswig Holstein ins Spiel. Das Land zwischen den Küsten lebt auch von Wind- und Wasserenergie. Sollten die „Industrierabatte“ bleiben und sollte die Leitlinie wie geplant umgesetzt werden, bleibt zumindest zu bezweifeln, dass Schleswig-Holstein die erneuerbaren Energien weiterhin ausbauen können wird. Dies könnte in der besonderen Lage Schleswig-Holsteins sogar einen wirtschaftlichen Nachteil durch die neuen Regelungen bedeuten. Ministerpräsident Torsten Albig ließ dagegen verlauten, die EEG-Novelle sei eine Chance für Norddeutschland und gemessen am ursprünglichen Referentenentwurf des Gesetzes „nicht so schlecht“.
Von Alexander Fricke
Weitere Informationen finden Sie unter:
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), 8.4.2014:
BDI-Präsident Grillo begrüßt Einigung zwischen Berlin und Brüssel![]()
Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv), 8.4.2014:
Regierung zieht keine Strompreisbremse für Verbraucher
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), 8.4.2014:
Bundestag muss Gabriels EEG-Gesetzentwurf nachbessern und Industriesubventionen zurückfahren