Die Europa-Union Lübeck veranstaltet vor Wahlen regelmäßig solche Runden. Schließlich gehört es zu ihren erklärten Zielen, die politische Bildung zu fördern. Unterstützt wurde sie von der Organisation "Schüler*innen helfen Leben" und von der Gemeinnützigen. Teams der teilnehmenden Europa-Schulen Hanse-Schule, Thomas-Mann-Schule, Ernestinenschule und Friedrich-List-Schule hatten Fragen vorbereitet. Themen waren bezahlbare Wohnungen, Fachkräftemangel, Schuldenbremse, Klimaschutz, Sicherheit, Wirtschaft, der neue US-Präsident Trump, die EU, aber auch die Zukunft der Renten.
Dass Christopher Lötsch (CDU), Tim Klüssendorf (SPD), Bruno Hönel (Grüne), Robert Schörck (FDP), Kathrin Ostertag (Volt) und Kai Ising (Freie Wähler) ihre Positionen vertraten, ohne in Politiksprech zu verfallen, trug zur Lebendigkeit der Veranstaltung bei. Sogar Kritik an den eigenen Parteioberen gab es zu hören. So ging Tim Klüssendorf Bundeskanzler Olaf Scholz hart an, weil der sich für massenhafte Abschiebungen ausgesprochen hatte. Bruno Hönel sparte in Zusammenhang mit dem gescheiterten Heizungsgesetz nicht an Kritik: "Asche auf unser Haupt." Dass Klimaschutz notwendig ist, unterstrichen alle. Über die richtigen Wege aber stritten sich die Geister. Die Politik habe das Thema jahrzehntelang vernachlässigt, sagte Ising von den Freien Wählern. Auch über politische Ziele wie eine gerechtere Bildungspolitik, einen Anschub für die deutsche Wirtschaft oder auch die Anwerbung von Fachkräften gab es kaum Differenzen, sehr wohl aber bei den Problemlösungen. Beispiel bezahlbarer Wohnraum: Während der SPD-Kandidat Klüssendorf für eine Verlängerung der Mietpreisbremse eintrat, sagte Lötsch (CDU): “Eigentlich hilft nur Bauen, Bauen, Bauen.” Beim Thema Wirtschaftsförderung forderte der FDP-Kandidat Bürokratieabbau: "Es muss Spaß machen, unternehmerisch tätig zu sein." Volt-Kandidatin Ostertag prangerte Ungerechtigkeiten bei der Krankenversicherung und der Altersversorgung an.
Eine Überraschung gab es zum Thema Renten. Wer schon über seine Altersversorgung nachdenke, fragte der Kandidat der Grünen das junge Publikum. Sehr viele Hände gingen hoch. "Haltet ihr sie für sicher?" Nur wenige meldeten sich. Schließlich waren selbst zwei Stunden zu kurz, um alle vorbereiteten Fragen abarbeiten zu können. Die Zeit reichte jedoch aus, um einen Eindruck von den Parteien und ihren Kandidaten/Ihrer Kandidatin zu bekommen.
Vertreter der Linken und der AfD fehlten bei der Veranstaltung. Der Kandidat der Linken hatte abgesagt. Und die AfD, die den Austritt Deutschlands aus der EU anstrebt, war gar nicht erst eingeladen worden. Viele, die im Publikum saßen, werden am 23. Februar erstmals wählen dürfen. Insgesamt dürfen 2,3 Millionen junge Leute erstmals ihre Stimme abgeben - nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes 400.000 weniger, als wenn die Wahl regulär im September stattgefunden hätte. Einen Beitrag des NDR-Fernsehens zur Lübecker Wahlarena finden Sie hier!
Text: Liliane Jolitz