Wie aus „verrückten Sachen“ brandgefährliche Bedrohungen für die Demokratie werden – ein Veranstaltungsfazit

„Sie können die verrücktesten Sachen im Internet behaupten, das ist kein Problem. Das ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das Problem ist, wie viele Menschen diese Sachen dann glauben.“ Mit dieser Feststellung eröffnete der Netzpolitiker Dr. Konstantin von Notz (MdB, Grüne) am Donnerstag, den 29. Juni 2023, die Informations- und Diskussionsveranstaltung „Fake News, Hate Speech & Verschwörung: Demokratie in Gefahr?“ in Kiel.

(© EUSH von Links: Marcel Schröder, Carsten Janz, Konstantin von Notz, Ralf Rose)

Ob Flat-Earther, Reichsbürger oder Corona-Leugner: es geht immer gegen „die da Oben, die uns nicht die Wahrheit sagen“. Antidemokratische und auch antisemitische Ressentiments werden bestärkt, Hass gegen Demokratinnen und Demokraten geschürt und zu Umsturz und Gewalt aufgerufen. Im Netz stacheln sich Anhänger paranoider Theorien, Anti-Demokraten und lupenreine Faschisten gegenseitig auf – nicht selten finanziert von autoritären Akteuren im In- und Ausland. Ihr Ziel ist es demokratische Institutionen als illegitim- und Politikerinnen und Politiker als kriminell darzustellen, um so die europäischen Demokratien von innen heraus zu zersetzen. Ihre Erfolge lassen sich unter anderem an den Umfragewerten der AfD ablesen. Was ist zu tun?

Im Ergebnis der Veranstaltung finden sich vor allem zwei Aspekte, mit denen dieser gefährlichen Entwicklung begegnet werden kann: Prävention und ein durchsetzungsstarker Rechtsstaat.

So berichteten die Referenten Marcel Schröder, von der Aktion Kinder- und Jugendschutz SH, und der Journalist Carsten Janz von ihren Workshops und Seminaren, in denen sie Schülerinnen und Schüler im Bereich Medienkompetenz schulen. Dabei kam auch heraus, dass zwar gerade die Jüngeren von Cybermobbing betroffen sind, sie sich aber als so genannte „Digital Natives“ insgesamt deutlich sicherer durch das Internet bewegen, als ältere Generationen. Demnach sind vor allem Menschen im mittleren Lebensalter anfällig für Verschwörungsideologien.

Dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, wurde oft genug festgestellt. Allerdings mangelt es dem Staat an Durchsetzungsfähigkeit. Es fehlt an Personal und Material, um Hassverbrechen im Netz konsequent zu verfolgen und zu bestrafen – und auch mit dem politischen Willen ist es offenbar nicht sehr weit her: „Wir sind da nicht auf dem Platz.“, konstatierte Dr. Konstantin von Notz. Er sprach sich unter anderem dafür aus, dass Betreiber von Online-Plattformen, wie Telegram oder Twitter, bei Hasskommentaren zur Kasse gebeten werden müssen. „Wenn pro antisemitischem Post, 10.000 Euro Strafe gezahlt werden müssten, dann würden die Firmen sofort ihre Kontrollen und Algorithmen ändern und es gebe deutlich weniger davon.“, so von Notz.

Ein bedrückendes Gefühl hinterließ am Ende ein Beitrag über Corona-Leugner von Carsten Janz, unter denen sich offensichtlich auch zahlreiche Rechtsradikale befinden, die vom Ende der Demokratie in Europa träumen.

Wehret den Anfängen!